Der Podcast
HINTERGRÜNDE & EINDRÜCKE
Inhalt & Form
OHN(E)MACHT - ein Vater und seine verlorenen Töchter ist eine fünfteilige Podcastserie. Sie nimmt die Hörer:in mit durch eine Biografie eines Mannes, der ohnmächtig erfahren musste, wie seine Ex-Frau die gemeinsamen Töchter schrittweise von ihm entfremdete. Jahrelang kämpfte er zusammen mit den kantonalen und nationalen Behörden, um sein Recht, Vater sein zu dürfen.
Hintergründe & gesellschaftlicher Bezug
Die Geschichte des Vaters ist kein Einzelschicksal. Die Schweizerische Vereinigung gemeinsamer Elternschaft (GeCoBi) geht davon aus, dass es in der Schweiz rund 13'000 Kinder gibt, die unfreiwillig keinen Kontakt zu einem Elternteil haben. Die KOKES (Konferenz für Kinder und Erwachsenenschutz) schrieb 2019, dass ca. 18'350 Kinder in der Schweiz Unterstützung erhielten bei der Umsetzung des Besuchsrechts, weil ein Elternteil den Kontakt zum anderen Elternteil verhindert oder erschwert habe.
Herausforderungen & Herangehensweise
Die Tatsache, dass der Vater seine Kinder 25 Jahre nicht mehr gesehen hat, hat mich als Journalistin beim Kennenlernen berührt. Gleichzeit war da der Vorwurf der Ex-Frau, er habe die Töchter sexuell missbraucht. Wie gehe ich als Journalistin mit diesem Teil der Geschichte um? Das war eine der grossen Herausforderungen. Wie findet man die "Wahrheit"? Eine 18-monatige Recherche (5 Bundesordner, 2 Tagebücher) und viele Stunden Interviewmaterial mit involvierten Personen, Expertinnen und Experten halfen dabei.
Wir sind mit den Töchtern und der Mutter in Kontakt getreten, um sie nach ihrer Perspektive zu fragen. Auf unsere eingeschriebenen Briefe haben wir keine Reaktion erhalten. Da der Vater alle behördlichen Dokumente und Korrespondenzen (von 2000 bis 2017) gesammelt und abgelegt hat, konnten wir trotzdem ein umfassendes Bild beider Seiten bekommen. Es geht bei OHN(E)Macht - ein Vater und seine verlorenen Töchter auch darum, das System aufzuzeigen, dass es trotz bestehender Gesetze verunmöglicht, Recht durchzusetzen.
Werte & Haltung
Wahrnehmung ist subjektiv, und deshalb ist die "Wahrheit" so facettenreich wie die Anzahl der betroffenen Personen. Das gilt für jede Lebensgeschichte, so auch für diese: Vater, Mutter, Töchter, Behörden, Gerichte - sie alle haben dieselbe Situation anders erlebt, erdacht und erfühlt. Als Autorin und Autor fragen wir uns, warum fragen die heute erwachsenen Töchter nicht nach der Sichtweise des Vaters? Die Perspektive wechseln, empathisch zuhören, und auf Basis des Gehörten die eigene Meinung bilden, das gehört zur grundlegenden journalistischen Wertehaltung des Autor:innenteams.
Als Journalistin setze ich mich oft mit feministischen Themen auseinander. In diesem Fall gebe ich einem Mann eine Stimme. Unrecht ist Unrecht, Ungerechtigkeit ist Ungerechtigkeit, egal, wen sie betrifft. Das unsere Grundhaltung. Ausserdem zeigen wir einen starken & resilienten Mann, der sich gleichzeitig verletzlich, schwach und liebend gibt und so das starre Rollenbild von Männlichkeit aufweicht.
Der Protagonist hat den Podcast mitfinanziert. Dass das journalistisch heikel sein kann, ist und war uns zu jedem Zeitpunkt bewusst. Wir fühlen uns den journalistischen Grundsätzen sehr verpflichtet. Dass die Mitfinanzierung von Martin heikel ist, das war uns von Anfang an bewusst. Wir haben uns intensiv damit befasst, uns Gedanken darüber gemacht, uns mit meinem journalistischen Soundingboard ausgetauscht, eine Haltung entwickelt und danach gehandelt.
Im Grundsatz geht es um die Unabhängigkeit in der Arbeit trotz finanziellem Support während des Arbeitsprozesses. Diesen Grundsatz haben wir verbindlich in einem Vertrag zwischen mir und Martin festgehalten. Der Podcast ist keine Auftragsarbeit.
Martin hat im Mai 2022 den Vertrag unterschrieben. Martin hat am Tag seiner Studioaufnahmen am 5. März 2024 zum ersten Mal das Skript in den Händen gehalten und musste prima vista seine Tagebucheinträge einlesen. Er hatte zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung, wie wir die Geschichte erzählen, wie er wegkommt, was wir herausgefunden haben. Martin liess uns 1 1/2 Jahre arbeiten ohne Fragen zu stellen.
Nach den ersten Studioaufnahmen im März haben wir weitere Korrekturen vorgenommen, das Skript zum Teil nochmals umgeschrieben, zugespitzt, ergänzt. Roland und ich mussten ein zweites Mal ins Studio. Die Aufnahmen erfolgten am 2. April 2024. Martin wusste nichts davon.
Zu keinem Zeitpunkt haben wir die Mitfinanzierung verheimlicht. Wir haben während des Prozesses offen darüber gesprochen und ich mache es in der ersten Episode für alle transparent. Diese Transparenz ist die Antwort auf die oben angesprochene Haltung, die wir eingenommen habe.
Am 21. Mai 2024 war das Produkt fertig. Bis zu dem Zeitpunkt haben drei Personen den Podcast gehört: Roland, Simon Meyer (Sound Design) und Jeannine Borer.
Am 24. Mai 2024 hörte Martin, zusammen mit Roland und mir, zum ersten Mal den Podcast. Korrekturen waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich. Das Projekt war abgeschlossen. Martin hatte zu keinem Zeitpunkt Einfluss auf das Endprodukt, mit zwei Ausnahmen.
Die Ausnahme war der Titel des Podcast. Wir taten uns lange schwer, einen passenden Titel zu finden. Wir haben Martin bei der Auswahl des Titels sowie bei der Farbe des Covers um seine Meinung gefragt.
ÜBERALL, WO ES PODCASTS GIBT!